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"Nach dem Krieg war die deutsche Kultur, insbesondere die Unterhaltungskultur
zerstoert. Die Deutschen waren ihrer Kultur beraubt. Ich denke, wir
waren die erste Nachkriegsgeneration, die dieser Leere etwas entgegensetzte
(...)
Wir koennen und wollen nicht verleugnen, dass wir aus Deutschland
sind. Es spiegelt sich in unserer gesamten Musik."
Ralf Huetter [Kraftwerk]
Der Antrieb, sich dieser Leere und dem damals herrschenden
kulturellen Vakuum entgegenzustellen, erklaert auch die bahnbrechenden
und wesentlich radikaleren Ergebnisse, als sie etwa die anglo-amerikanischen
Gruppen der damaligen Zeit erzielten.
Hier ging es nicht darum eine musikalische Kraft-durch-Blumen
Mentalitaet mit dem passenden Soundtrack zu untermalen. Es ging um die
Schaffung einer eigenen, neuen kulturellen Identitaet, eines eigenen
Ausdrucks in musikalischer Form.
Da es keine Wurzeln im eigenen kulturellen Raum gab, musste
aus dem Nichts eine ganz
individuelle Sprache, samt dazugehoeriger
Grammatik erdacht UND realisiert werden. Doch war diese Herausforderung
zugleich eine einmalige Chance. Dies erklaert auch, warum in einem so
kleinen Kulturkreis in so kurzer Zeit soviel musikalisches
Neuland betreten wurde.
Denn das war es: NEUland - da es fuer diese Musiker in kultureller
Hinsicht kein 'altes', kein 'Heimatland' gab, in dem man seine eigenen
kulturellen Wurzeln hatte. Die Zeit, in der sich in Deutschland eine moderne
Musik haette entwickeln koennen, war durch die Nazi-Zeit und ihre Folgen
wie ausgeloescht.
"Their feeling was that their lives had just started from scratch
- there was no history that they wanted to
acknowledge as theirs."
Peter Blegvad
Es gab keinen deutschen Rock'n'Roll, keine germanischen Beatles,
keinen teutonischen Elvis. Eigene Anknuepfungspunkte konnten nur in der
ferneren Vergangenheit gefunden
werden. Aufgewachsen in der muffig-
verklemmten Kalten-Kriegs-Paranoia der 50er Jahre, wurde das Verlangen
nach etwas Neuem, etwas Eigenem immer staerker.
"Wir erwachten in den spaeten 60ern und merkten, dass Deutschland
zu einer amerikanischen Kolonie geworden war.
Es gab keine deutsche
Kultur, keine deutsche Musik, nichts. Man lebte in einem Vakuuum.
Die Jungen orientierten sich voellig am amerikanischen Lebensstil:
Autos, Hamburger und Rock'n'Roll.
Ralf Huetter [Kraftwerk]
Die Leere, in der sich diese neuen musikalischen Ideen ergiessen
sollten, kombiniert mit der Neu-Gier, erklaert sicher die ungeheuere Vielfalt
an Experimenten
und musikalischen Stilen, die hier innerhalb weniger Jahre entwickelt
wurden.
In diesem Neuland gab es erstmal keine Grenzen und Regeln.
Alles konnte - ja musste selbst erfunden werden. Vorwaerts in alle Richtungen!
Soweit die eigenen Ideen tragen und die Instrumente spielen.
D>Elektro
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