D>Elektro   |1.2.2|  |>Klaenge + Elemente
      |> Geschichte/n + Klaenge
der modernen elektronischen Musik in Deutschland |<
 
D>Elektro 1.2 - |> das erweiterte Konzept <|
|1.2.2| Klaenge + Elemente

|> Experimente | Klaenge + Konzepte |
| Maschine | Spiel | Samples |

"Die Charakterisierung als Musiker fasse ich fast schon als Beleidigung auf. Ich sehe mich als Komponisten - eine Art Architekt von Cut-Up's und Collagen."

Die neuen musikalischen Kontinente wollten kartographiert werden.
Und die experimentellen Reisenden brachten immer neue uner/gehoerte Klangfundstuecke von ihren elektronischen Expeditionen mit.
Nun galt es, diese Reisen zu organisieren und die Fundstuecke zu verbinden.
|> Musik Molekuele | Samples | Das Studio als Kompositionsinstrument

"Faust were deconstructing the nuts, bolts and griders of rock music through relentlessly monotonous pieces and laying the groundwork for today's sampler-collagists through their intricate tape cut-ups and splices."
Andy Gill - MOJO magazine, April '97

Auf diesem Gebiet trieben Faust und insbesondere CAN, bzw. Holger Czukay, der zugleich Toningenieur und 'Redakteur / Cutter' der Gruppe war, die Entwicklungen extrem weit voran.
CAN, als eine Gruppe mit geradezu wildwuchernder Stilvielfalt, die ihr Material aus Improvisationen und Experimenten entwickelte, waren darauf angewiesen, ihre Material- und Ideenfuelle nach dem Aufnahmeprozess neu zu strukturien.
Das Material musste soweit kondensiert und kombiniert werden, dass es auf Platte gepresst werden konnte - ohne an Kraft und Ausdruck zu verlieren.

Holger Czukay Czukay trieb dieses Verfahren durch seine eignen Schnitt- und Mischtechniken zur Perfektion, indem er eine ganz eigene Technik entwickelte, die spontan komponierten Elemente am Schnittpult zu verbinden und miteinander kommunizieren zu lassen.

Die Baender wurden in viele Einzelteile zerlegt, geschichtet, verfremdet und collagiert.
Schliesslich wurde diese Arbeit selbst, durch ihre radikale Neustrukturierung des Rohmaterials zum Teil des Kompositionsprozess.

"Ich habe mit derselben Technik komponiert, mit der ein Cutter an einem Film arbeiten wuerde. Die fertig abgemischte Musik wird in 'bits' zerschnitten und wieder zusammengefuegt, so wie es ein Computer macht. Das Resultat ist etwas, das vorher nicht existiert hat. Berechnete ['computed'] oder, besser gesagt, zusammengesetzte ['composed'] Musik.
Die aufgeteilten Molekuele werden auf kuenstliche Weise wieder zusammengesetzt. Kuenstlich, im Sinne von: moeglichst besser als das Original."
Holger Czukay
|> FUSION: Mensch spielt Maschine spielt Mensch spielt Maschine

Ganz nebenbei nahm Czukay damit in mechanisch / analoger Form das heute allgegenwaertige Sampling vorweg. Jenes digitale Soundtool, ohne das die heutige elektronische Musik nicht mehr denkbar waere.

Dies tat Czukay zum ersten Mal bereits 1968 auf seinem Solo-Debut CANAXIS. Hier erfand er nicht nur das Grundprinzip des Samplings - durch die Kombination geloopter Ethno Musikfragmente montierte er auch eine immer noch zeitge- maess klingende Misch-Form von AMBIENT und sogenannter 'World Music'.
Diese Collage/Sample Technik fuehrte Czukay, auch unter Verwendung von Fremdmaterial, auf seinem ersten [post-CAN] Solo-Album 'Movies' [1979] fort.
"Fuer jeden Toningenieur waere die Aufnahmemethode von 'Movies' und meinen anderen Solo-Alben etwas vollkommen Ungewoehnliches.
Zu Anfang habe ich an den Aufnahmen zu Hause mit einem Taperecorder geabeitet. Dann benutzte ich ein Tonbandgeraet, dann drei Tonbandgeraete. Als ich dann die endgueltigen Baender vorbereitete, ueberspielte ich sie auf eine 16-Spur-Maschine und von dieser auf das Computer-Mischpult.
Fuer 'Persian Love' habe ich mit meinem Kurzwellenempfaenger die Stimme eines iranischen Dichters geklaut.
In 'Hollywood Symphony' habe ich ein paarmal Diana Ross zugezwinkert. Insgesamt habe ich fuer die LP viele tausend Stunden Musik verarbeitet. Manchmal nahm ich viele Stunden auf und behielt davon nur ein paar Sekunden, beispielsweise von einem koreanischen Orchester."
Holger Czukay
Holger Czukay: Movies
Movies gilt, wie auch die meisten CAN Platten, noch heute als eines der einflussreichsten Alben elektronischer Musik. Sie steht auch fuer die zentrale Bedeutung von Czukays Arbeit, auch nach seiner Trennung von CAN.

Gerade durch die Verwendung fremden Klang- und Musikmaterials in Kombination mit seinen Schnitt- und Mixtechniken war es fuer Czukay niemals ein Problem 'solo' zu spielen - denn die Maschinen waren ja seine Assistenten und musikalischen 'Spielkameraden'.

"Musiker haben nur zwei Haende. Tonbaender geben mir mehr als zwei Haende.
Ich glaube, wenn ich das Aufnahmegeraet bitten wuerde, mir einen Kaffee zu holen, dann wuerde es das tun."
Holger Czukay
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