Plattform fur Kleinverlage
Der Leser soll das Buch auch finden. Der KREUZER sprach mit dem Berliner Verleger Erich Maas über sein Netz-Projekt txt.de
von Kito Nedo
KREUZER: Wie kam es zu txt.de?
Erich Maas: txt.de ist aus der Situation heraus entstanden, die sich für diverse kleine Verlage aufgrund der momentanen Veränderungen im Buchmarkt ergibt. Da werden die bestehenden Sortimente extrem heruntergestutzt auf sogenannte "gut rotierende Titel", teilweise bis auf ein Fünftel vom ursprünglichen Bestand der Buchhandlung. Für viele kleine Verlage verringert sich daher die Möglichkeit, ihre Produkte überhaupt im Markt zu präsentieren. Erstens als Ware, als Buch, das man kaufen kann, und zweitens als Information über Bücher. Mit der Reduzierung der Sortimente findet natürlich auch eine Beschneidung des Informationsflusses statt, da kommt die Information über die Bücher auch nicht mehr beim potentiellen Kunden an. Nicht nur in Form von Prospekten, es interessiert letztendlich auch die Rezensenten nicht besonders, wenn die besprochenen Bücher nicht in den Buchhandlungen zu haben sind. Deswegen ist es nötig, neue Wege zu finden, damit diese Bücher und die darin enthaltenen Informationen nach wie vor Leute erreichen, die daran interessiert sind. Dafür eignet sich das neue Medium Internet besonders gut. Es ist eine ausbaufähige und in rasanter Entwicklung befindliche Möglichkeit, Informationen zu verbreiten und Bücher zu verkaufen.
KREUZER: Zur Zeit kann man ja, abgesehen von Werbung, im Internet so gut wie kein Geld verdienen...
Maas: Ich hoffe, daß es den Verlagen insofern etwas nützt, wenn sie tatsächlich Bücher über das Netz verkaufen können. Die Verkäufe sollen unsere Arbeit mitfinanzieren. Wir verlangen für die Website in txt keine Pauschalen von den Verlagen, weil das zum selben Effekt führt, der im Moment auf dem traditionellen Buchmarkt stattfindet. Die Verlage können die Unkosten für die Verbreitung der Information, die notwendig ist, um die Bücher zu verkaufen, nicht mehr aufbringen und kippen deswegen aus den Sortimenten raus. Die Verlage, die jetzt bei txt dabei sind und viel Nutzen haben, sollen mehr bezahlen und die anderen eben weniger, so daß gewährleistet ist, daß keiner rausfliegt, nur weil er nicht die entsprechenden Umsätze gewährleistet.
KREUZER: Macht das Internet den normalen Buchhandel irgendwann überflüssig?
Maas: Ich glaube nicht, daß es den Buchhandel überflüssig macht. Den traditionellen Buchhandel wird es immer geben. Möglicherweise wird es sogar wieder eine Tendenz geben, und das sieht man ja auch teilweise, daß neue Läden aufmachen, die wieder mehr auf ein qualitätvolles Sortiment setzen und nicht ausschließlich auf gut rotierende Titel. Ich glaube auch nicht, daß der Buchhandel mit der Entwicklung, in der er sich im Moment befindet, auch tatsächlich funktionieren kann, weit das im Grunde genommen eine Verarmung ist. Das wird das Publikum letztendlich, das hoffe ich zumindest, nicht mitmachen.
KREUZER: Zur Zeit ist txt.de eine reine Verlagsplattform. Gibt es weitere Pläne?
Maas: Einerseits ist es eine Plattform, wo die Verlage mit ihren Seiten vertreten sind, allerdings mit einer gemeinsamen Datenbank verbunden, die sämtliche bibliografischen Angaben der einzelnen Titel auf dem Server beinhaltet. Die Datenbank speist einen Warenkorb, der über die ganzen Verlagsseiten mitgeführt werden kann. Unter den Titeln wird ein Bestellbutton sein, der, wenn man ihn klickt, den Warenkorb aktiviert. So kann man durch alle Websites der Verlage navigieren und einzelne Titel in den Warenkorb legen. Der Bookshop ist die eine Sache, und die andere Sache ist eben, daß wir diverse andere Funktionen integrieren wollen, wie z.B. einen Presseverteiler, wo Journalisten ihre E-mail und Info-Wünsche eintragen können; daß man periodisch über das Internet Mailings versenden kann, wenn die Neuerscheinungen kommen; daß man sich als Leser für bestimmte Informationen eintragen kann, die man zugeschickt bekommen will; daß die Verlage die Möglichkeit erhalten, in einem internen Bereich miteinander zu kommunizieren. Das bedeutet bessere Zusammenarbeit, Austausch, Schnelligkeit und Effizienz. Ebenfalls geplant ist ein Präsentations-Forum für Autoren und Übersetzer, die einen Verlag suchen. Da können dann Vertage reingucken und Kontakte herstellen. Ich fände es okay, wenn man das so interaktiv gestatten könnte.
KREUZER: Nicht jeder hat ja einen Internet-Anschluß. Ist da nicht eine Beschränkung auf eine bestimmte Klientel, die sich das leisten kann?
Maas. Na ja, wir gehen ja davon aus, daß die Telekom hoffentlich bald richtig in den Arsch getreten wird. Die momentane Situation kann nicht mehr lange aufrecht erhalten werden. Es muß dazu kommen, daß sich der normale Mensch in Deutschland mit dem neuen Medium auseinandersetzen kann, ohne dafür an irgendeinen Konzern horrende Summen zahlen zu müssen, in Form von Kosten für Stadtgespräche usw. usf., was ja in anderen Ländern, siehe USA, nicht der Fall ist.