Independent-Verlage im Netz Distribution und neue Produktionsverfahren von Erich Maas »Verlag sucht Autoren« ist ein Slogan, mit dem der Berliner Druckkostenzuschuß-Verlag Frieling & Partner seit Jahrzehnten unveröffentlichte Autoren erfolgreich aus Depression und Schreibhemmung rüttelt. Autoren zahlen diesem oder ähnlichen Verlagen einen Betrag von einigen Tausend bis zu einigen zehntausend Mark, damit der Verlag das Buch in sein Programm aufnimmt und drucken läßt. Falls der Autor ein professionelles Lektorat wünscht, kann er auch dieses für einige tausend Mark haben. Die Bücher erhalten eine ISBN-Nummer und sind damit im VLB auffindbar und können als lieferbar gelten. Der Autor erhält einige Belegexemplare und kann dem Verlag auch noch eine Anzahl Bücher abkaufen. Der Rest der Auflage, sofern es eine gibt, wird als Altpapier verklappt. So passiert es den meisten dieser Autoren. Es gibt unzählige Mitbürgerinnen und Mitbürger, die es zum Schreiben drängt und die Autoren sein wollen aus welchen Gründen immer. Das war für Druckkostenzuschuss-Verlage seit je ein fruchbares Geschäftsfeld. Eine Firma, die scheibenden Zeitgenossen entsprechende Dienstleistungen anbietet und sich dafür bezahlen läßt, tut nichts verwerfliches. Sie kommt schlicht Bedürfnissen entgegen. Die Person, die Autor sein will, kauft Know-How ein, das sie nicht hat aber braucht und erhält ein vergleichsweise professionell hergestelltes Buch in landläufigem Produktdesign. Seit ein paar Jahren nun ist der Digitaldruck soweit entwickelt, daß ein Laienauge keinen Unterschied zum Offsetdruck mehr feststellen kann, zumindest, was den Druck von Schriftsatz angeht. Findige Geister haben aufgrund dieser neuen Drucktechnologie noch größere Geschäftsfelder sich öffnen sehen. Man hat einen Namen dafür gefunden: PoD - Printing on Demand - Druck bei Nachfrage heißt die Sache und meint das angestrebte Endziel: das singulär, erst bei Bestelleingang hergestellte Buch. Das Herstellungsverfahren macht zumindest die Produktion der Startauflage eines Buches zu unvergleichlich günstigeren Kosten möglich als jedes andere der herkömmlichen Druckverfahren. Der Grund dafür ist unter anderem, daß es außer dem nach wie vor nötigen Erstellen einer DTP-Datei in Word, Xpress oder Pagemaker etc. und einer daraus geschriebenen Postscriptdatei die in ein elektronisches Druckmaster umgewandelt wird, keine Druckvorstufe gibt, die Grundkosten verursacht. Der zweite preissenkende Effekt ist, daß beim Digitaldruck aus der Natur des Druckverfahrens heraus, der Inhalt jedes einzelnen Buches tatsächlich einzeln, Stück für Stück hintereinander weg gedruckt wird. Man kann den Druckvorgang also nach dem ersten Buch stoppen und hat ein komplettes Unikat. Jedes andere Druckverfahren verlangt erst den Druck einzelner Bogen oder Teile eines Buches (je nachdem wieviel Seiten auf das Format passen, das auf der jeweiligen Maschine gedruckt werden kann). Erst danach werden die einzelnen Bogen gefalzt, zusammengetragen und zu einem Buchblock zusammengefügt. Zudem verlangt der Digitaldruck nur minimale Einrichtezeit der Maschine und funktioniert ohne Druckplatten. Autorinnen und Autoren, die die Hemmschwelle von eingen Tausend Mark bisher noch hinderte, ihre Werke drucken zu lassen, können sich nun zu Weihnachen, zum Geburtstag oder welchem Anlaß immer mit einem gedruckten Buch beschenken oder beschenken lassen. Sogenannten Verlagen wie Frieling & Partner geht die Geschäftsgrundlage verloren, wenn sie nicht umstellen. »Get Published Now!«, heißt es auf den Webseiten von www.buybooksontheweb.com. Did you know that less than 2% of authors ever get published? We have found a way to change that! Click here to receive an Authors Submission Package. - ein wenig weiter ließt man: Let the world know who you are. Weniger breitmäulig amerikanisch, aber auch nicht weniger bauernfängerisch ist es auf der Site von www.bod.de, die vom Buchhandelsgrossisten Libri betrieben wird, formuliert: »Selbst ist der Autor! Ab sofort können Sie Ihre Arbeit selbst veröffentlichen. Und Sie behalten alle Rechte an Ihrem Titel. Die Zeiten eines Druckzuschuß (siehe Frieling & Partner) sind vorbei! Sie bezahlen nur einmalig den Druckmaster. Diese Kosten sind überschaubar und berechnen sich je nach Seitenzahl Ihres Manuskriptes und Qualität Ihrer Vorlage. Sie werden überrascht sein, wie günstig BoD ist!« - und auch hier der globalistische Überzeugungsaspekt: »Weltweite Verbreitung selbstverständlich!« Das Netz als globale Einrichtung macht es für diese Unternehmen möglich zu behaupten, mit der Publikation eines Buches und dem Aufnehmen desselben in eine aus der Natur der Sache heraus weltweit verfügbare Datenbank auf einem Web-Server finde das Buch auch weltweite Verbreitung. Das ist selbstredend Nonsens. Aber welcher selbsternannte Autor glaubt's nicht trotzdem gern. BoD-Libri und andere Anbieter brüsten sich auch mit dem Argument, mit BoD einen wichtigen Beitrag zur Vielfalt der Literatur zu leisten. Zitat von den Libri-Webseiten: »Um aber literarische Vielfalt ausserhalb einer etablierten Bestsellerkultur der grossen Auflagen sichern zu können, müssen auch entsprechende ökonomische und technische Voraussetzungen gegeben sein. ... Mit BOD, den Books on demand, wird eben diese Voraussetzung Realität.« Weiter heisst es: Ein Buch wie Musils »Mann ohne Eigenschaften« oder die Werke Robert Walsers, die schon zu ihrer Zeit kaum einen Verleger fanden, dürften heute kaum noch auf gütige Verlage treffen - jenseits aller Qualitäten. Ein wenig weiter im Text noch ein Autor namens Robert: »Ein Autor, nennen wir ihn Robert, hat unter Schweiss und Tränen endlich seinen Lyrikband mit ornithologischen Gedichten vollendet. Zugegebenermassen: ein Nischengenre! Nichtsdestotrotz weiss Robert um eine kleine Fangemeinde, die wiederum nur schwer an solch begehrte Literatur kommt. Die bekannten Barrieren Herausgeber, Druckkosten und Vertriebssorgen lassen Robert fast verzweifeln. Doch dann ist da Herr D., der das Buch umstandslos publizieren will - und das für wenig Geld. Einzig eine digitale Vorlage fordert Herr D. gnadenlos ein; in unseren digitalen Zeiten kein wirkliches Hindernis. Nach wenigen Tagen hält Robert sein eigen Werk in den geweihten Poetenhänden, zwischen vierfarbigen Buchdeckeln und in solidem Satz.« Der Grossist Libri also als Retter und Bewahrer und Förderer der literarischen Vielfalt? Ist Libri gar subversiv? Arbeitet Libri-BoD gegen die Lektorate der Großverlage und Mainstream-Konzerne und verhilft endlich dem armen Autor zu seinem Recht auf gnadenlose Veröffentlichung? Offline und im eigentlichen Kerngeschäft, tut sich Libri mit der literarischen Vielfalt eher schwer. Bücher, die nicht genügend schnell »drehen«, vertreibt Libri erst gar nicht. Aus vertriebsgeschäftlicher Sicht ist das auch leicht einzusehen, denn Titel, die wie Ziegelsteine im Lagerregal festbacken, verursachen nur Unkosten in der Warenwirtschaft und schmälern so die Rendite des Unternehmens. Da drängt sich allerdings die Frage auf, wieso man bei Libri andererseits noch mehr Autoren dazu verleiten will, ebenso unverkäufliche Bücher zu finanzieren? In Deutschland gibt es zur Zeit circa 75000 Neuveröffentlichungen pro Jahr. Ginge man davon aus, daß die weiter oben zitierte Angabe, es würden bisher nur 2% aller Autoren veröffentlicht werden, stimmt und die restlichen 98% würden sich nun alle eine Veröffentlichung gönnten, so könnte man also früher oder später allein in Deutschland mit weiteren 3.750.000 Neuveröffentlichnungen rechnen. Daß hier Augenwischerei mit Gefahr auf entzündlichen Ausgang stattfindet, ist offensichtlich. Aber wen kümmerts? Das Thema ist zur Zeit ein Steckenpferd der Presse und Libri-BoD wird bevorzugt geritten. Die Entscheidung von Libri ins BoD-Geschäft einzusteigen ist aber nichtsdestotrotz einleuchtend und smart, wie der Amerikaner sagt. Die Frage vor jeder Buchproduktion, auch bei BoD ist: wie sollen die Dinger vertrieben werden, falls sie jemand haben will? Diese Frage beantwortet sich bei Libri von selbst. Libri ist ein Buchvertrieb. Und zwar einer mit höchst optimierter, spezialisierter, flächendeckender und effizienter Logistik. Auf der Libri-BoD-Website heißt es: »Auch gefunden wird das Buch, denn schliesslich ist es im Katalog von Libri und auf Libri.de jederzeit im Buchhandel und im Web zu finden. Zudem informiert Robert regelmässig per Rundmail die Freunde der ornithologischen Lyrik über seine einmalige Poesie.« Aber: PoD ist trotz allem eine wünschenswerte Sache, genauso wie Palm-Pilots und eBooks und ganz sicher werden Autoren, kleine Verlage und nicht zuletzt auch die Literatur und deren Verbreitungsformen davon profitieren, ja wahrscheinlich Wandlungen erfahren, die heute noch nicht sinnvoll vorgestellt werden können. Mindestens drei weitere Institutionen allerdings wären außer Verlagen und Autoren noch prädestiniert für das PoD-Verfahren: Verlagsauslieferungen, Buchhandlungen und Bibliotheken. Es wird Sinn machen, dort kleine, kompakte Produktionseinheiten zu plazieren, die in der Lage sind, Einzelexemplare herzustellen. Es ist anzunehmen, daß dies über kurz oder lang auch die selbstverständlichste Sache sein wird. Diesbezügliche Pilot-Projekte befinden sich schon in der Testphase. Bislang gibt es allerdings noch kein System, das dies technisch zufriedenstellend gewährleistet, das heißt, daß es das so sehr gehypte BoD und PoD im strengen Sinn schlichtweg noch nicht gibt. Die Fertigung eines einzelnen Buches ist Handarbeit. Egal, welche Firma es auf welchem System immer heute herstellt. Ein 200 Seiten starkes Buch zum Beispiel, das im Laden ca. 25,00 DM kosten soll, läßt sich als einzelnes Exemplar mit keiner, egal welcher Methode zu einem Preis herstellen, der den Ladenpreis von DM 25,00 kalkulatorisch realistisch machen würde. Der Digitaldruck bringt, wie weiter oben schon beschrieben, lediglich wesentlich niedrigere Druck- und Druckvorstufenkosten als andere Druckverfahren, was kleine Auflagen kalkulierbar macht, aber noch lange kein einzelnes Exemplar. PoD, tatsächlich praktiziert, kann heute nur ein Zuschußgeschäft sein. Doch Libri und andere Anbieter leisten sich dies oder propagieren es, weil sie wissen, das BoD ein lukrativer, zukünftiger Markt ist, und daß es schon heute gilt, sich den größten Marktanteil so früh wie möglich zu sichern. Alleine bei Libri liegen zehntausende Bücher im Lager, bei denen sich lohnte, sie per BoD anzubieten und jedes Jahr kommen tausende hinzu. Das in diesem Zusammenhang von PoD-Anbietern oft gebrauchte Argument, PoD würde ermöglichen, daß in Zukunft jedes Buch auf ewig lieferbar bliebe, läßt sich aber in der Praxis wohl nicht halten, denn es wird einen Autor wohl kaum zufriedenstellen, wenn sein Verlag für sein Buch nichts mehr weiter tun muß, als es als Druckmaster bei einem PoD-Dienstleister verfügbar zu halten, um damit die im Autorenvertrag unterzeichnete Verpflichtung, das Buch lieferbar zu halten pro forma zu erfüllen. Schließlich erwartet eine Autor zu Recht mehr von seinem Verlag, als sein Buch in Form einer Datei-Leiche auf irgendeinem PoD-File-Server enden zu sehen. Früher oder später, wird auch der Farb-Digitaldruck technologisch spruchreif und ebenfalls so preiwert sein, daß 4-Farb-Abbildungen für Bücher kalkulierbar werden. Was dann bleibt sind nur noch hochauflagige Bestseller, die in älteren Druckverfahren hergestellt werden. Die Skalierbarkeit des BoD Markts ist also offen. Und sowas treibt jedem Risikokapitalisten Freudentränen in die Augen. Es macht mehr als Sinn, hier schon heute die Marktführerschaft anzustreben und zu versuchen, die Konkurrenz so früh wie möglich auszuschalten. "We are the Champions", grölt man am Buffet auf Bertelsmann-Parties. Das BoD wird naturgemäß vor allem im Internet seinen Absatz finden und dort gelten ja, wie man weiß bis auf weiteres, ohnehin gobal-absolutistische, alleinherrschaftliche und nach oben hin offen skalierbare Ansprüche selbst bei jeder Schwachmaten-Idee, die risikokapitalistische Finanzierung sucht. Derartige Vorgehens- und Sichtweisen im guten alten kapitalistischen Sinn sind bei Internet-Startups nicht nur weit verbreitet, sondern der Unterbau jeder Geschäftsidee jedes Businessplans, der dort heim ins Multimedia-Reich geholt wird. Amazon, AOl, BOL, um ein paar große Player zu nennen, führen es vor. Sie haben letzendlich nichts anderes im Sinn, als je erst im eigenen Geschäftsfeld absolute Marktführerschaft anzustreben und von dort andere Felder zu erobern um eigene Produktlinien etablieren und absetzen zu können. Die Zeiten des Netzes als anarchische Anhäufung von Inhalten, Meinungen, Angeboten in einem egalitären, demokratischen Nebeneinander sind - sofern sie nicht ohnehin von Anfang an eine schöne Illusion waren - unwiderruflich vorbei. Software- und hardwareseitige Technologien, die für kleine Sitebetreiber unbezahlbar und damit nicht realsierbar sind, das flächendeckende Wegkaufen von innovativen Ideen und Ansätzen schon im Anfangsstadium, und das Filtern, Steuern und Manipulieren von Userströmen, haben das Netz der Netze im Griff und alles passiert mit für alle Beteiligten schweißtreibender Geschwindigkeit. Dromologisch. Einem normalen Jahr entsprechen mehrere Internetjahre, wie es landläufig heißt. Entsprechnend schnell wird gealtert und einem eiligen Börsengang folgt nicht selten schnell der Untergang. Das Netz selbst hat innerhalb kürzester Zeit gigantische Konzerne hervorgebracht, die einen Großteil des virtuellen Kuchens untereinander aufteilen. Altes, offline akkumuliertes, genrationenaltes Kapital drängt gleichfalls mit Macht ins Netz und reißt mit schwindelerregenden Investitionen ebenfalls so viel an sich, wie greifbar ist. Das alles kennt man aus Zeitung und Magazinen und andern Medien on- und offline. Es soll hier auch nur als Stimmungsbild dienen, das ich jetzt auch schnell mit ein paar Zahlen aus der Online-Buchbranche abschließen will: Buecher.de gibt im Jahr 1999 12,3 Mio. DM für Werbung aus, um 250.000 Kunden zu gewinnen, das sind 50,- DM pro Kunden. Buch.de gibt ca. 8 Mio DM aus, um 80.000 Kunden zu gewinnen, also ca. 100,- DM pro Kunden. Booxtra hat im selben Zeitraum in etwa den gleichen Betrag pro Kunden für Werbung ausgegeben. In dieser Situation ist es schwer noch einen Glauben und eine Motivation aufrechtzuerhalten, daß alternative, nischenorientierte Ansätze eine Chance hätten und davon soll ja hier die Rede sein. Wie soll das also zum Beispiel gehen bei einem Independent-Projekt wie TXT, das ich heute hier vorstellen soll, ganz zu schweigen bei einem Mini-Verlag wie MaasMedia? Zunächst zu TXT: TXT hat angefangen als ein Feierabend-Projekt eines Kleinstverlegers und eines Internet-Insiders und Netzwerkers der frühen WWW-Stunden. Gestartet wurde vor ca. drei Jahren in einer Wohnung in Berlin Mitte. eCommerce gehörte noch nicht selbstverständlich ins alltägliche Vokabular und war auch für die beiden TXT-Gründer weitgehend ein Buch mit sieben Siegeln. Man ging die Sache unbefangen naiv an. Verlegerkollegen wurden informiert, angesprochen und gefragt, ob sie nicht Interesse hätten, an einer gemeinsamen Info-Plattform im Internet teilzunehmen. Das Interesse war höchst mäßig und Überzeugungsarbeit fruchtete in den wenigsten Fällen. Erste vorsichtige PR-Maßnahmen und Gespräche auf der Buchmesse 1997 in Frankfurt ernteten mitleidiges Grinsen bei den Verlagen. Grund der Bemühungen war anfänglich die Idee, daß es für einen kleinen Verlag keinen gesteigerten Sinn machen konnte, mit einem kleinen Angebot mehr oder weniger unauffindbar im Netz zu hängen. Der Gedanke war, Information zu bündeln, virtuell-räumlich zusammenzurücken, damit interessanter und einem größeren Publikum zugänglich zu machen. Heute, drei Analog-Jahre später, nennt man so etwas Affinity-Portal. Eine von drei potentiell erfolgreichen Arten von Portals im Internet. Im Laufe der Zeit kam dann doch recht schnell das Erkennen der Chance, die Veröffentlichungen der versammelten Verlage auch bestellbar zu machen. So wurde eine, unter heutigen Gesichtspunkten besehen primitive Bestellfunktion gebastelt. Bestehend aus einer schlichten MySQL-Produktdatenbank und einem simplen Warenkorb und Bestellformular basiered auf einem anspruchslosen CGI. TXT hatte damit einen Warenkorb und bald wurden von Besuchern der Seiten die ersten Bücher hineingelegt. Da staunte TXT und brauchte einen Partner, der den Versand übernahm. Das war die damals frisch gegründete Versandbuchhandlung Kohlibri. René Kohl von Kohlibri hatte TXT im Netz aufgestöbert und daraufhin kontaktiert, weil er sich entschlossen hatte im traditionellen vertrieblichen Sinn etwas ähnliches zu machen wie TXT dies im Online-Bereich anstrebte. Nämlich, eine Anbietergemeinschaft zu schaffen, um damit die vertrieblichen und marketinggebundenen Schwächen der einzelnen Teilnehmer zu kräftigen und gemeinsam stärker und präsenter zu werden. Mit der Zeit wuchs die Plattform auf einige Dutzend teilnehmende Verlage an und ein paar davon machten allmählich mit ihren Anstrengungen ernst. Mit der laufenden Beschäftigung bei der Erstellung von Webauftritten für einige der Verlage und bei zwei Relaunchs der TXT-Site wurde klar, daß eine Professionalisierung des Auftritts immer dringlicher wurde und daß das Aktualisierungsaufkommen des Webangebots der Verlage und der TXT-Seiten selbst, ohne eine datenbankgestützte Lösung über kurz oder lang nicht mehr zu bewältigen sein würde und man den Laden dicht machen müsse. Also machte man sich daran, die Lage zu sondieren und eine Lösung zu finden, wie man an eine Applikation kommen könnte, die im Normalfall einen Kostenaufwand bedeutet, den sich nur eine große, entsprechende Profite einholende Firma leisten kann, aber kein Feierabendprojekt mit Wohngemeinschaftsküchencharakter wie TXT es war. Mittlerweile waren das Internet selbst und Profit versprechende Aussichten wie der eCommerce schon seit geraumer Zeit flächendeckend gehypt worden. Eine Site wie TXT schien hier eine Rolle spielen zu können und so ergab sich, daß eine recht große und europaweit, aber bis dato offline agierende Consulting-Firma, die ebenfalls für sich das Internet als Geschäftsfeld zu erschließen begann, in TXT und dem dort schon reichlich vorhandenen Content, eine Möglichkeit sah, mit Hilfe von ein wenig Sponsoring ein Präsentationsobjekt im eigenen Sinn finden zu können. Es kam also zu einer kurzfrisigen Zusammenarbeit, deren Resultat eine gesponsorte Intershop-Lizenz war, die TXT zur Verfügung gestellt wurde, wobei TXT sich verpflichtete, diese eCommerce-Applikation mit Content zu füllen, dem Ding eine Oberfläche zu verpassen und als gemeinsames Projekt der Consulting-Firma und TXT ins Netz zu stellen. Die Software hat sich am Ende als zu unflexibel und schwerfällig erwiesen und der fertige Shop wurde nicht online geschaltet. Diese Erfahrung hat TXT mehrere Internetjahre gekostet, nämlich das ganze Jahr 1999. Der Lernprozeß jedoch und das Scheitern mit einer vorgefertigten, sogenannt benutzerfreundlichen Anwendung, haben Wissen und Erkenntnisse nach sich gezogen, deren Wert nicht zu unterschätzen ist. Zur Zeit ist TXT dabei mit einem anderen Partner, eine maßgeschneiderte und in ihren Möglichkeiten wesentlich breitere und flexiblere Applikation selbst zu entwickeln, die Ende Juni fertiggestellt und online sein wird. Die softwareseitige Basis der Applikation ist WebObjects, eine von Apple aufgekaufte und weiterentwickelte Application-Server Software, die in einschlägigen Kreisen als fortgeschrittendste gilt. Zu der Zeit, als TXT die ersten Überlegungen bezüglich datenbankgestützter Internetanwendungen machte, kostete eine Lizenz dieser Software noch 100.000$ und war damit für TXT unerreichbar. Nachdem die Firma Apple neue preispolitische Strategien eingeläutet hat, ist heute eine Einsteigerlizenz für 700 DM zu haben und zudem natürlich noch in einer weiterentwickelten und wesentlich verbesserten Form. Das nur am Rande als Beispiel, wieviel Bewegung die Branche bestimmt. Was will jetzt also TXT, nachdem die Entscheidung zur Professionalisierung getroffen ist und was will TXT den Verlagen bieten, die sich der Anbietergemeinschaft anschließen und was soll letztlich der Sinn des ganzen sein? In einem Papier, daß jedem Verlag als Basis-Info ausgehändigt wird, wenn er mit TXT Kontakt aufnimmt, hat TXT versucht das zu formulieren. In einem solchen Papier sollte eine Firma nicht schummeln, darf sie aber auch ihr Leistungsspektrum nicht unter den Scheffel stellen und auch schon mal den Mund etwas voll nehmen. Das schadet bekanntlich keinem Image. Deswegen will ich daraus jetzt ein wenig zitieren. Darin heißt es also: Es ist an der Zeit, die Präsenz im Netz allmählich im bestmachbaren Sinn zu professionalisieren und ernst zu nehmen. Die Zeit des Experimentierens und Abwartens geht langsam aber sicher zu Ende, da das Medium in der Branche eine immer wichtigere Rolle einnimmt. Für Verlage stehen richtungsweisende Entscheidungen in jedem Falle an - auch unabhängig von TXT. Ziel ist es, die Position der Plattform und der daran beteiligten Verlage innerhalb der sich wandelnden Buchhandelslandschaft on- und offline zu stärken. TXT soll sowohl für die Verlage als auch für die Besucher der Webseiten attraktiver und benutzerfreundlicher werden. Das neue System wird es Verlagen auch in Zukunft ermöglichen, eine realistische Kosten-Nutzen-Balance zu halten und gleichzeitig in technologischer Hinsicht den großen Playern des Mediums gegenüber nicht ins Hintertreffen zu geraten. Das Internet entwickelt sich mit immenser Geschwindigkeit, und die großen Anbieter der Branche positionieren sich dort mit gewaltigem Nachdruck. Um hier Schritt halten zu können, benötigen die nicht konzerngebundenen Anbieter eine Plattform, die sich den künftigen Anforderungen gewachsen zeigt und die in technologischer Hinsicht hochwertige, flexible und marketingorientierte Potenzen bietet. Daher setzt TXT auf eine High-End Application-Server-Lösung, die zur Zeit zu den besten gehört. Keiner der bisher bei TXT beteiligten Verlage allein wäre in der Lage, sich auf dieser Basis einen Webauftritt erstellen zu lassen, weil der finanzielle Aufwand sich nie rechnen würde. Nur die Beteiligung an einer Plattform, die auf einer entsprechenden Software aufsitzt, macht es für die Beteiligten möglich, an einer solchen High-End-Lösung teilzuhaben und sie nutzen zu können. Was bedeutet das neue TXT-System für die Verlage, die es nutzen werden?
Im Falle eines dynamischen Web-Auftritts auf der neuen TXT-Basis kann ein Verlag seine Seiten selbst aktualisieren so oft und wann er will. Er läuft nicht Gefahr, dass ein Relaunch also eine Komplettüberarbeitung seiner Internetseiten ihn in unverantwortbare Unkosten stürzt oder dass sein Auftritt aus Scheu vor diesen Unkosten restlos veraltet und unattraktiv wird. Er kann zu jeder Zeit seine Daten ohne Aufwand exportieren und anderweitig nutzen oder weitergeben. Zwischenzeitlich ist schon einmal der Begriff Affinity Portal gefallen, als Beschreibung dafür, was TXT ist, bzw. eigentlich werden soll. Weil das, was sich hinter der Bezeichnung verbirgt, schon immer der Kerngedanke von TXT war, soll kurz erklärt sein, um was es sich dabei handelt. Das internetbasierte Businessmodell »Affinity Portal« definiert sich über drei Kernfeatures:
Weil aller Content aber in einer zentralen, gemeinsamen Datenbank verwaltet wird, kann er daher auch in anderer Form gruppiert oder sortiert und präsentiert werden.
BookSense (www.booksense.com) ein Produkt der Vereinigung unabhäniger Buchhändler ABA (www.ambook.org) in den Staaten führt vor, wie die Independents sich organisieren und ihre Interessen durchsetzen können. Zitat BookSense.com: "Where you can shop online at your favorite locally-owned, bookstore with Book Sense." Das Motto von BookSense ist: "Independent bookstores for independent minds. More choice and diversity. Books across many areas of interest, from a wide range of publishers." Booksense hat ein gemeinsames Branding entwickelt, daß von allen angeschlossenen Buchhandlungen geführt wird. Damit erreichen sie eine breite Streuung und hohen Bekanntheitsgrad der Marke. Diverse interssante Features, die das Marketing unterstützen sollen, sind entwickelt worden. BookSense ist zur Zeit dabei, eine Web-Plattform für die beteiligten Buchhandlungen zu entwickeln. TXT würde schon heute die Softwarebasis bieten, die solch ein System bräuchte, würde es sich hierzulande organisieren. Zukunftsaussichten für das Buch und den Vertrieb von Büchern im Netz Wird Amazon bald Bücher verlegen? Weiß ein Buchhändler, der international operiert, nicht besser als ein Verlag, welche Bücher sich verkaufen? Kann er nicht perfektere Kundenprofile erstellen und damit perfektere Produkte designen, als jeder sogenannte Kontroller bei einem großen Verlag geschweige denn ein verstockter Kleinverleger? Hilft BOL dem Konzern Bertelsmann besser zu beurteilen, welche Verlage als nächste gekauft werden sollten anhand der online bei BOL generierten Umsätze? Wird das Internet genau wie alle anderen Medien auch nur denen etwas nützen, die die besten Werbeplätze besetzen können? Wird also alles beim alten bleiben oder höchstens noch schlimmer werden? In der Sondernummer der Zeitschrift Buchkultur vom letzten Jahr, sieht Ernst Fischer in einem Text, der fiktiv die Situation im Jahr 2010 beschreibt, die Entwicklung viel positiver: ... zwar haben die Großverlage zwischen 2000 und 2005 ihre Strategie der totalen Produktanpassung, des schnellen Aufbaus neuer Produktlinien, der Produktplazierung, der Absatzförderung durch flächendeckende Verkaufsaktionen perfektioniert, sie sehen sich aber heute mit einem wachsenden Desinteresse der Käuferschaft konfrontiert ... das Überangebot an billig zugänglicher Junk-Information erzeugt das Bedürfnis nach liebevoll und nach handwerklichen Gesichtspunkten hergestellten Informationsträgern. Das man Texte druckt ... wird als eine Auszeichnung und wertmäßige Unterstreichung angesehen ... Das Medium Buch ... ist in der Konkurrenz der Medien gleichsam zu sich gekommen ... wird nun als langsames Medium geschätzt ... An anderer Stelle heißt es: Der nach 2005 ausgebrochene Boom von Verlagsgründungen hält vorerst weiter an. Aufgrund der druck- und kommunikationstechnologischen Entwicklungen ist die im Buchverlag immer schon niedrige Marktzugangsschwelle weiter gesunken; dies ermöglicht die Entstehung vieler neuer Unternehmungen, die sich in unterschiedlichsten Nischen festsetzen ... Der Buchmarkt präsentiert sich bunter denn je ... Durch das Internet hat sich die Marktinformation für alle stark verbessert ... die kleineren Verlage profitieren davon aber relativ stärker als die größeren ... Das Problem des Marktzugangs hat sich also entspannt ... Da sich außerdem die Aufhebung der Preisbindung auf die kleinen Verlage kaum ausgewirkt hat ... konnte sich eine äußerst lebendige Indpendent-Szene herausbilden ... in der kurzen Zeit der Vorherrschaft der Konzerne (bis ca. 2007/2008) ist endgültig klar geworden, daß die kleinen und mittleren Verlage im Literaturbetrieb die eigentlichen Orte der Kreativität darstellen ... zumal die Autoren zum großen Teil in die Opposition zu den Medienkonzernen gegangen sind ... Ein wenig weiter vorne schreibt Fischer: ... anders als früher, als die Verlage selbst auf den von ihnen festgelegten Endverkaufspreis festgelegt waren, können sie jetzt in einen Preiswettbewerb mit dem Buchhandel treten und ihre Bücher notfalls auch zu Kampfpreisen anbieten. Weil Direktvertrieb einen hohen Bekanntheitsgrad des Verlagsnamens vorraussetzt, werden bei Unternehmensaufkäufen für Traditionsverlage gelegentlich Phantasiesummen gezahlt ... Mir fällt es, angesichts der heutigen Situation, nicht leicht, diese positive Vision von Ernst Fischer nachzuvollziehen, aber glauben will ich naturgemäß gerne daran und einige, wenn auch noch unklar erkennbare Entwicklungen und Aussichten sprechen dafür. Es bleibt abzuwarten und zu sehen, wo TXT in zwei Jahren gelandet ist. Womöglich hat sich die Plattform ins virtuelle Nichts verwirbelt. Kann aber auch sein, das eine interessante Ansammlung von Nischenangeboten und eigenwilligen Verlagsprogrammen gerade deswegen eine Chance hat, weil die Massenangebote für eine bestimmte Gruppe von Menschen nicht dauerhaft interessant sind. Wer weiß, was er will, will nicht wissen, was er auch noch wollen könnte. Zum Schluß will ich noch kurz die Buchreihe MaasMedia vorstellen, die für Printing on Demand konzipiert ist und 1999 als Experiment gestartet wurde. Im Anhang jedes Buches aus der Reihe ist ein Text zu finden. Dort heißt es: In den Siebzigern waren es die Copy-Shops, die erstmalig, wenn auch in schlechter Qualität, preisgünstige und schnelle Veröffentlichungen im Selbstverlag ermöglichten. Heute schaffen der Digitaldruck und die Möglichkeiten des Printing On Demand die nötigen technischen und preisgünstigen Vorraussetzungen für semiprofessionelle Print-Veröffentlichungen in Kleinstauflagen vieler Art. Gedruckt wird nach Bedarf - womöglich erst bei Bestellung. Alles, was man braucht, ist ein PC, ein DTP-Programm wie QuarkXpress oder Pagemaker oder auch ein schlichtes Textverarbeitungsprogramm und ein wenig Erfahrung im Umgang mit der Software. Zur Gründung eines Verlags braucht es lediglich einen Gewerbeschein, der beim Gewerbeamt erhältlich ist. Danach kann man gegen eine geringe Gebühr bei der Buchhändler-Vereinigung in Frankfurt/M (www.boersenverein.de, bzw. www.buchhaendler-vereinigung.de) ISBN-Nummern erwerben, mit deren Vergabe die Bücher dem VLB (Verzeichnis lieferbarer Bücher - ebenfalls bei der Buchhändler-Vereinigung) gemeldet werden können. Danach gilt ein Buch dann als lieferbar und ist vom Prinzip her in fast allen Buchhandlungen und beim VLB (www.buchhandel.de) im Internet bestellbar. Das garantiert selbstverständlich noch keine Distribution, schafft aber die grundlegenden Voraussetzungen dazu. Dienstleister für Printing On Demand präsentieren sich mit ihren Angeboten im Netz. Bemühen Sie die Suchmaschinen. Dieser Hinweis ist dazu gedacht, klar zu machen, daß es unserer Meinug nach nicht darum gehen sollte, Autoren und Kleinverlage mit fadenscheinigen Argumenten und Halbwahrheiten über den Tisch zu ziehen, sondern ihnen die nötige Information zukommen zu lassen, sich die Möglichkeiten der neuen Drucktechnik zu eigen zu machen und dort Bewegung in die Maschinierie des Buchmarktes und der traditionellen Publikationspraxis zu bringen, wo sie etwas bewirken kann. Wir im Verlag bedienen uns für die Reihe MaasMedia des neuen Druckverfahrens weil es kleine Auflagen ermöglicht, die kein Kapital binden und keine unnötigen Lagerkosten verursachen. Das ermöglicht es uns, mehr Titel zu produzieren und auch Bücher zu veröffentlichen, die in jedem Fall ein zu hohes finanzielles Risiko darstellten, falls sie im Offset-Verfahren hergestellt würden. Ferner halten wir es für wichtig, uns als Verlag mit dem neuen Produktionsverfahren bekannt zu machen und Erfahrungen damit zu sammeln und parallel an der technischen Entwicklung entlang sich der hinzukommenden Möglichkeiten zu bedienen. Die Bücher sind absichtlich so gestaltet, daß sie den noch sehr eingeschränkten Möglichkeiten des Digitaldrucks entsprechen. Sie sind allesamt handgestempelt, was den Umstand der kleinen Auflage unterstreichen soll. Die meisten Dienstleister, die PoD anbieten, versuchen mit farbigen Umschlägen das Herstellungsverfahren und die winzigen Auflagen zu verschleiern und dem Käufer die Illusion eines richtigen Buches nach üblichen Sehgewohnheiten zu vermitteln. Diesbezügliche Diskussionen hatten wir mit diversen Anbietern, die sich teils fast weigerten, die Bücher so herzustellen, wie wir es verlangten, weil sie dachten, es würde ihrer Reputation schaden. Inhaltlich läßt sich zu der Reihe sagen, daß sie konzipert wurde als offenes Feld für Texte aller Art und Genres, für letztendlich alles, was zwischen zwei Buchdeckel untergebracht werden kann. Gemeinsamkeit ist lediglich das Buch als Medium, das Buch als Träger von Information, die printbar ist. Klassische Unterscheidungen zwischen Belletristik, Sachbuch, Ratgeber etc. vermeiden wir zwar nicht willentlich, kümmern uns aber nicht darum, wenn jemand sie bezüglich der Reihe vermisst. Ein wenig ist die Reihe auch eine Art Weigerung zur Zeit etwas zu tun haben zu wollen, mit dem, was man neue deutsche Literatur nennt und wo man blutjungen Autorinnen und junggebleibenen Autoren einen unsäglichen Debütromen nach dem anderen auf den steinigen Weg ihrer Autorenkarrieren verlegt. Wir ziehen es vor, bezüglich neuer deutscher Literatur zu pausieren und warten ab, wann sie alt aussieht und man überschauen kann, was blieb. Der Name der Reihe ist eine Anspielung auf den Begriff mass media, und angesichts der hergestellten und verkauften Stückzahlen selbstredend ein Nonsens. Zudem warten wir geduldig und unaufgeregt auf den Zeitpunkt, an dem wirkliches PoD möglich sein wird und unsere Bücher nur noch digital gelagert werden müssen. Inzwischen sind einige PoD-Dienstleister und sogar Hersteller von PoD-Maschinen an TXT herangetreten, weil sie denken, daß eine Internet-Plattform und eine vertrieblicher Zusammenschluß von Verlagen eine geignete Basis sein könnte, das neue Herstellungsverfahren überzeugend einsetzen zu können. Sollte eine solche Zusammenarbeit zustande kommen und TXT in nicht allzu ferner Zukunft auch Vertriebsplattform für Books-on-Demand werden, können die Erfahrungen, die wir jetzt machen dort Anwendung finden. Zum Schluß will ich noch eine kurze Passage aus einem Buch vortragen, das als letztes bei MaasMedia erschienen ist. Der Text ist von Mario Mentrup und stammt aus dem Jahr 1998. Daraus sollten gewisse Zusammenhänge und Absichten der Buchreihe klar werden. Der Text handelt von Menschen und Phänomenen wie dem Anfangs erwähnten Robert, dem fiktiven Libri-Autoren. "Das Paradies: Die Medienproduktion läuft im Turbo-Gang. In allen Bereichen des Wirtschaftsfaktors Kultur werden folgende Themen ständig diskutiert: Autorenschaft - Copyright/Anticopyright - kultureller/moralischer/legaler Besitz - Entwendung - Aneignung - Recycling - Eklektizismus - Konzeptualismus - Marktgesetze - ästhetische Autonomie - Originalität - Plagiat - Kopie -Authentizität. In der Popmusik, genauer in der Dance- und Clubkultur, ist wiedereinmal der größte Schritt vollzogen worden. Differenzierungen wie Underground und Mainstream, Subversion und Affirmation, Trash und Genie spielen dort keine Rolle mehr. Die zeitgleich existierenden Paralleluniversen aller Stilgattungen strafen jeden Erfinder eines Trends Lügen. Techno, House, Drum'n'Bass, Hip Hop, Electro, Lounge Music, Easy Listening haben sich inzwischen Kategorisierungen wie gut/schlecht, alt/neu entzogen. Hier ist neu alt und alt neu. Hier ist man offen plagiatorisch, offen referentiell. Hier wird so schnell aufeinander reagiert, daß man ein vernetztes System, gar eine Maschine dahinter vermuten könnte. Die Do-It-Yourself-Attitüde ist hier völlig konträr zu der des Punk der 70er und der Independent-Phase der 80er. Punk war Ikonoklasmus. Die Stunde Null. Aufbau durch Zerstörung. Punk war Ideologie. An der Independent-Musik (Hardcore, Industrial, Wave, Pop Noise, Indierock u.a) nagte die totale Angst vor dem Zuspätkommen. Plagiarismus war tabu. Besessen vom Drang nach dem vermeintlich Neuen herrschten gewollte und willkürliche Dekonstruktion, Pessimismus und Sektierertum. Verglichen damit ist die Remix-Referenzkultur von u.a. Techno und HipHop idealistisch und gesellig: Kommunikation - endlos. So wie es sich die Apologeten des Informationszeitalters wünschen. Eine Masse Mensch stürmt dem Warhol/Kraftwerk-Idealbild von der Menschmaschine entgegen. Ohne Wenn und Aber. Und ohne Zorn auf die Apparate. Die Besitzlosen am Ende des Millenniums sparen und malochen für die erste eigene Dubplate, CD-ROM, selbstgebrannte CD, für die eigene Homepage, das erste eigene DigiDruck-Buch, für das eigene Medienunternehmen, für den selbstfinanzierten Digitalfilm. Publishing on Demand, Printing on Demand, Music on Demand, Digi-Camcorder, DVD, Desktopfilm, MPEG - das sind unzählige Möglichkeiten, in der Kommunikationsgesellschaft kleine Zeichen zu hinterlassen. Alle 15 Minuten. Ich wünsche mir das Poesiealbum zurück. Verschlossen im kleinen Schränkchen oder unter der Matratze versteckt." Kleine LinklistePoD:www.toexel.com www.swepod.com www.books-on-demand.com www.periskop.com www.bod.de www.buybooksontheweb.com www.digital-druck-gmbh.de www.instabook-corporation.com (lustig) Independent-Buchhandelsprojekt in den Staaten: www.booksense.com Umfragen und Statistiken: www.gfk.de Info: www.boersenverein.de/veroeff.htm www.boersenblatt.net In eigener Sache: www.txt.de www.maasmedia.net |
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