Es ist Sommer, das Wetter ist schön, es ist heiß. Pilli ist auf dem Weg zu der Galerie, die etwas abseits der anderen, in diesem Teil der großen Stadt liegt. Pilli mag Kunst, sie liebt Vernisagen und sie schwärmt für Theo den Galeristen. Pilli's Herz schlägt schnell. Sie schiebt ihre Brust nach vorne, ihre Schultern nach unten, ihre Schritte sind groß und sie läuft in die Straße geradezu auf die Galerie. Sie denkt an Theo. Pilli schaut in das Schaufenster, niemand zu sehen. Sie stockt einen Moment und geht weiter links in die Einfahrt zum Eingang. Pilli betritt den Galerieraum. Büro und Lager liegen getrennt hinter einer Tür am Ende des Raumes, so daß er nur ausgestattet ist mit einem Stuhl und einem Tisch, auf dem ein Aschenbecher, ein paar Flaschen Mineralwasser, Sekt und Wein stehen. Pilli zündet sich eine Zigarette an und kontrolliert ihr Aussehen im Spiegelbild des Schaufensters, und sie denkt an Theo in seinem gestreiften Oberhemd, an seine schmalen Hüften und seine kantige Brille, die ihn so klug ausschauen läßt. Die Bilder an der Wand gefallen Pilli, weil sie so perfekt gemalt sind. Pilli denkt oft daran wie es wäre Künstlerin zu sein, intelligent, gebildet und doch handfertig geschickt. Theo könnte ihr soviel erklären. Da öffnet sich die Bürotür und ein junges Mädchen mit einem Tablett mit Gläsern kommt herein. Pilli lächelt dem Mädchen zu. "Guten Abend." "Hallo. Ich bin wohl etwas früh da?" "Ja, wir fangen erst um sieben an, aber das macht nichts." Das Mädchen stellt das Tablett auf den Tisch und setzt sich auf den Stuhl. Wo ist Theo? "Ach, hallo Pilli." Sie erschrickt und dreht sich zum Eingang. "Wie geht es Dir?" Theo gibt ihr die Hand und Pilli fühlt seine schlanken zarten Finger. "Gut." "Und wie gefallen dir die Bilder?" "Ich finde sie sehr gut gemalt." Beide schauen auf ein Bild, das drei junge Männer an einem Treppengeländer stehend zeigt. "Ich meine, sie sind etwas naiv und kitschig", hört Pilli sich sagen. Theo verschränkt die Arme und lächelt. "Kennst du die anderen Arbeiten des Künstlers?" "Äää, nein, ich gehe noch nicht so lange in Galerien." Pilli starrt auf das Bild. "Wenn du willst kann ich dir gleich ein paar Dias von hinten holen?" "Ja, das wäre nett." Theo geht zu dem jungen Mädchen. Pilli überlegt welche Worte sie gebrauchen könnte und sie zieht ihren engen schmalen Pullover zurecht, der ihre Brüste straff umspannt, schaut noch einmal zu ihrem Spiegelbild und dann auf die Straße. Dort hampelt ein Mann herum und ruft: "Theo, Theo ich bin da, hast du noch etwas zu trinken?" Theo schaut zum Fenster und antwortet: "Ja, ich habe Mineralwasser." "Nein,ich meine was anderes." "Was? Ich habe noch Wein und Sekt." "Nein, ich meine Alkohol." "Ja, dann komm doch mit mir nach hinten." Der Mann betritt den Raum und verschwindet dann mit Theo im Büro. So ein Mist, vielleicht sollte sie besser verschwinden. Pilli geht zu dem Tisch mit dem Mädchen, das auf den Aschenbecher zeigt. Neben dem sieht sie den Lebenslauf des Künstlers liegen. Leonardo Camp, geboren 1960 in Köln, letzte Ausstellung Kunstverein Bremen. Köln ist ja auch so eine Kunststadt. Pilli drückt ihre Zigarette aus und schenkt sich ein Glas Sekt ein. Das Mädchen rührt sich nicht. Pilli atmet tief durch und geht ganz nah an ein Bild heran und sieht die Pinselstriche. Zwei Stimmen kommen herein laut sprechen sie: "Der Leonardo, den kenne ich schon aus Köln." Pilli mag ihr Gesicht nicht mehr von der Oberfläche des Bildes fortbewegen. "Pilli, bist du das, was machst du denn hier?" Pilli dreht sich um, vor ihr steht eine alte Bekannte, Dalina. "Darf ich vorstellen, das ist Pilli und das ist Samos aus Köln." Pilli gibt Samos die Hand, Dalina nicht. "Interessierst du dich jetzt auch für Kunst?" Pilli antworte nicht und fragt: "Was machst du denn jetzt beruflich, studierst du noch?" "Nein, ich schreibe für ein Stadtmagazin." Dalina nimmt Samos am Arm. "Laß uns mal die Bilder anschauen." |
Pilli wendet sich auch wieder ihrem Bild zu und überlegt einen Moment, dann will sie gehen. Da kommt Theo mit dem Mann herein. Er hat eine Flasche Whiskey in der Hand und der Mann trägt ein paar Gläser. "Ach, da sind auch Dalina und Samos." Theo geht mit dem Mann zu den beiden und gibt ihnen die Hand. "Hallo, darf ich vorstellen, Leonardo Camp. Dalina, sie hat auch über unsere Ausstellung geschrieben und das ist Samos aus Köln." Pilli hört nicht mehr die Worte, die sie reden. Sie fängt an nervös zu werden und starrt auf das Bild dann zu Theo, dann zu Dalina, diese Böse Hexe. Samos ist ganz süß. Ihre Beine kleben am Boden fest nur zwei Schritte bis zu Theo. Er lächelt ihr zu . Pilli will weg . "Ich glaube ich gehe jetzt, war sehr interessant hier zu sein." Pilli will vorbei an Dalina, Samos, dem Mann und Theo, der greift sie zärtlich am Arm. "Komm, bleibe doch noch und trinke ein Glas Whiskey mit uns. Darf ich vorstellen, das ist Pilli." "Wir haben uns schon vorgestellt", Dalina's Stimme schneidet den Raum. Samos lächelt und der Mann verzieht sein Gesicht und fragt: "Gibt es jetzt endlich etwas zu trinken?" Theo füllt die Gläser auf dem Tisch. Pilli trinkt schnell ein paar Schlucke und zündet sich eine neue Zigarette an. Samos, Dalina und der Mann wenden sich den Bildern zu. Ach ja, der Mann, Leonardo der Künstler, war sein Name. Pilli denkt an billige Sektgläser der Marke Leonardo. Pilli denkt überhaupt: merkwürdige Namen haben die alle. Nur Theo nicht, der ist ganz normal. Theo stell sich zu Pilli und füllt ihr Glas noch mal auf. "Schöne Schuhe hast du an!" "Danke." Pilli wird rot und trinkt. Theo wechselt ein paar Worte mit Leonardo . Dalina redet mit Samos , der schaut hinüber zu Pilli, die hinauf blickt zu Theo und sagt: "Habe ich bei DKNY gekauft." "Was?" "Ich meine die Schuhe." Ach ja, wollen wir uns die Dias anschauen. Theo holt zwei Diahüllen aus dem Umschlag und hält eine ins Licht, so daß Pilli mit Theo die Bilder betrachten kann. Sofort kommen die anderen herbei, Dalina greift nach der anderen Diahülle und der Kopf von Leonardo Camp schiebt sich zwischen Pilli und Theo. Pilli gibt auf, sie geht zum Tisch und füllt ihr Glas noch mal auf, sie hat keine Lust mehr, sie kann den Gesprächen nicht folgen, sie ist schon ziemlich beschwipst und ihre Asche fällt auf den Lebenslauf von Leonardo Camp, so daß die Kunststoffdokumentenhülle etwas zusammenschrumpft. Pilli denkt an den Juli und daran daß sie schon wieder bald Geburtstag hat. Nach und nach kommen jetzt auch ein paar andere Leute in die Galerie. Pilli ärgert sich daß sie sich ganz in schwarz angezogen hat. Sie fühlt mit ihrer linken Hand in Ihrer Hosentasche das Päckchen Koks. Eigentlich nimmt sie kein Koks in Galerien, Theo schaut zu ihr. "Kann ich mal auf Toilette?" Theo geht zu Pilli und legt den Arm um ihre Taille. "Ich zeige sie dir." Beide gehen gemeinsam in Richtung Bürotür. Einige Leute Grüßen Theo oder lächeln ihm freundlich zu. Pilli lächelt auch. Erst als die Bürotür hinter Ihnen schließt, zieht sie ihre Hand aus der Tasche und hört auf zu lächeln. |
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