Ina Wudtke

dura lux

Slide DJ Team HH

Ina: Ist dura lux eine Firma?
D.L.: Nicht richtig. dura lux heißen wir seit über einem Jahr, 'Chorea' in der Roten Flora war die erste große Veranstaltung, bei der wir mitgemacht haben.
Ina: Macht ihr auch die Flyer zu solchen Veranstaltungen?
D.L.: Ja, teilweise. Einmal z.B. zum Thema digitale Bildwelten (Veranstaltung: 'Engin-Ear', Rote Flora). Wir haben Rauschen vom Fernseher abfotografiert und in diese Struktur ganz subtil unser Zeichen reingelegt...
Ina: Wie seid ihr zur Musik gekommen?
D.L.: Über Chorea. Tom Fleischhauer hatte das Konzept. Ursprünglich ging es darum, einen besonderen Raum, eine Fabrikhalle z.B. zu finden und dort Analog-Digital gegenüber zu stellen und zu verbinden. Es ist dann doch 'nur' die Rote Flora geworden, aber wir haben das Innere der Flora total verändert. Es kam dann zu 'live Techno', 'ICU' aus London sind gekommen und es gab eine richtige Band namens 'Eisenvater'.
Ina: Eure Installation auf der 'Dub Conference 11' fand ich sehr aufwendig und bezweifle, daß die Leute das bemerkt haben. Der Projektionsrahmen, den ihr gebaut habt, bestand aus einer aufgebauten Thermopenscheibe, in deren Zwischenraum Nebel geblasen wurde, der bei Verdichtung das Bild wiedergegeben hat. So kam es, daß sich die Bilder in dem Rahmen immer so langsam zusammensetzten und sich dann wieder auflösten. Ihr seid ja sehr romantisch gewesen, die Motive zeigten Sonne, Augen, Mond... und haben mir persönlich nicht so gut gefallen wie das Material auf euren Technoveranstaltungen...
D.L.: Die 'Dubconference' sollte mit dem 11. Mal eigentlich abschließen. Der Plan war ursprünglich, alle, die jemals etwas auf der Dub Conference gemacht hatten, sollten auf der letzten Veranstaltung etwas zusammen machen. Das ist nicht ganz so gelaufen... Wir hatten uns vorgenommen, ungefähr da anzuknüpfen, wo wir mal mit der Dub-Con angefangen haben. Nicht technoid, sondern root-zig, also sind wir von den Elementen ausgegangen, Himmel, Wasser, Erde, Licht, und das Auge, eine ganz zarte Installation... Die Sache war, daß wir damit gerechnet haben, daß mehrere Leute etwas mit visuals machen und wir deswegen keine Raumokkupation gemacht haben, wie wir das sonst als Partner von DJ's machen.
Ina: Bei der 'Hauswandprojektion' habt ihr Fassaden anderer Gebäude auf die Fenster einer Hauswand projektiert. Aus neun 'Rückwandprojektionen' setzte sich so ein Bild zusammen. Das Konzept fand ich klasse, die Dias an sich gefielen mir nicht so gut. Wie erstellt ihr euer Dia-Archiv?
D.L.: Ja eigentlich gibt es immer zuerst das Konzept einer Veranstaltung, für das wir dann speziell fotografieren. Bei der Hauswandprojektion waren die Dias Fragmente, die wieder zu einem Bild zusammengesetzt wurden. Wir haben da mit einer Schablone gearbeitet. Die einzelnen Motive haben wir am Farblaserkopierer auf Klarsichtfolie hochgezogen, dann eine Schablone der Fassade aufgelegt, alles ausgeschnitten, das ergab dann die einzelnen Dias. Der Plan war eigentlich, die Fassade von dem Haus zu lösen. Das war heftige Arbeit. Wir haben einen Dokumentarfilm davon und man sieht, wie die ganzen Haufen von den Motiven da liegen, das waren immer so Neunerblöcke... . Dabei ist dieses Gerät entstanden, ein Mixer mit Markierungen genau für die neun Fenster - hier ist der Timer, haben wir mit Rainer Corsen zusammen gebaut. Ansonsten hat uns Nick Baginski viel geholfen.
Ina: Wie arbeitet ihr in fotografischer Hinsicht?
D.L.: Z.B. lassen wir ein Motiv wandern, kommen und gehen, oder 'n Verriß, das heißt, daß man beim Auslösen zoomt oder die Kamera bei Fotografieren bewegt. Anfangs haben wir das, um ehrlich zu sein, auch als Sammelsorium gezeigt ... für die Aktion damals hatten wir den städtischen Kontext (Architektur der Umgebung, HH Altstadt).
Ina: Ihr legt also besonderen Wert auf Perspektive, beim Fotografieren sowie bei der Ausrichtung der Projektoren?
D.L.: Es gehört auch noch dazu, wie wir den Raum nutzen, umbauen und gestalten. Also wenn du den Raum im Kopf hast und weißt, wo du installieren willst, kannst du dir ja auch vorstellen, in welcher Perspektive du das Motiv nachher gerne auftauchen lassen möchtest. Wenn man auf die Projektionsfläche von schräg unten guckt, sollte man das beim Fotografieren mit einbeziehen. Auf dem Schiff z.B. haben wir Dias (Himmel, Kräne usw.) an die Decke geworfen, die aus einem ähnlichen Winkel fotografiert waren, wie man in dem Schiff nach oben schaut. Das gleiche haben wir bei der Hauswandprojektion versucht. Da tauchten allerdings starke Verkippungen auf.
Ina: In N.Y. kann man auf dem 'Washington Times Square' Video-Soundsysteme sehen. Die stehen da mit Monitortürmen, selbstgebauten Mixern und Effektgeräten. Wie kamt ihr auf die Idee?
D.L.: Zuerst gab es die Zweibildanimation, den rhythmischen Wechsel von zwei Dias. Da lag die Koppelung mit stark rhythmusorientierter Musik nahe. Bild und Ton verstärken sich gegenseitig, man schult sich da bei der Regelung der Geschwindigkeit der Bilder...
Ina: Ja, du bist ein ziemlich guter Mixer, das hat immer gestimmt...
D.L.: ...es hat öfter gut gepaßt, aber es ist auch total miteingeplant, daß wir das da 'life' machen. Es ist nicht direkt gekoppelt, das wäre technisch auch möglich: Man nimmt den Beat ab und benutzt ihn als Initialzündung für die Umdrehungsfrequenz der 'Unterbrecherscheiben'; dann wären die Bilder wirklich genau im Takt - kann man koppeln, aber es ist überhaupt nicht spannend. Diese Verschiebungen, die wir in unseren Bildgeschwindigkeiten haben, die gibt es auch in der Musik...
Ina: ...Groove...
D.L.: Es ist auch die Frage - was stimmt? Es sind manchmal zwei Bilder pro Beat oder ein Bild für zwei Beats...
Ina: Wie reagieren Leute auf eure Installationen?
D.L.: Christoph z.B. meinte, diesmal ('Link', 12.8.95) seid ihr ja wirklich total trocken - überhaupt keine schönen Kombinationen mehr. Anfangs hatten wir versucht, den Flair von Techno ein wenig zu ändern. Einfach Techno mit Natur zu kombinieren, einerseits Gegensätze, andererseits eine ganz andere Kopplung aufzuzeigen, also mischen, nicht nur als kalte digitale Welten, und wir sind jetzt im Grunde immer kälter geworden, sind dann auf der Schiene von Überwachungsstaat gekommen, wie man Menschen händelt, also wie Massen gesellschaftlich kontrolliert und bewältigt werden, darum ging es dann. Steuerung. Bei der 'Link'-Veranstaltung haben wir Überwachungskameras installiert, und da sind wir tätsächlich auch ans Limit von dem, was in der autonomen Flora möglich war, gegangen.
Wir hatten ja auch mal die Idee, die Projektionsrahmen mit Marihuanaqualm zu speisen und den Raum so zu verändern, das ging in der Flora leider auch nicht (Gelächter), die wird ja als drogenfreier Raum deklariert.
Ina: Habt ihr mal etwas in Galeriezusammenhängen gezeigt?
D.L.: Ja, die Ausstellung hieß 'Bild me Bild you', in der Galerie 'K M 2 3 5'. Konzept bei der Ausstellung war, 8 Performances zu dokumentieren. Es wurden dort Kameras ans Publikum ausgegeben. Das Bildmaterial bestand aus schwarz/weiß-Dias, das konnte im Schnellentwicklungsverfahren direkt im Laufe des Abends entwickelt und gerahmt werden, das Material haben wir dann eine halbe Stunde nach der letzten Performance durch unsere Klappeinheiten geschickt. Die Projektionswand hing im Fenster, so konnte man es außen und innen sehen.
Ina: Wie kommt es, daß ihr mit Dias arbeitet? Liegt Video nicht viel näher?
D.L.: In Berlin im E-Werk gibt's einmal im Jahr das Techno-Visual-Event 'Chroma Park'. Projektionen per Dia macht kaum jemand, das meiste, was dort gezeigt wurde, läuft über Video. Ich finde aber, daß die Auflösung von Video total beschissen ist, mir geht es um die Schaffung einer Illusion, die erreiche ich nicht über ne hohe Bilderzahl oder einen glattlaufenden Bewegungsablauf, sondern einfach durch die Brillanz der Bilder - Dias sind da einfach viel besser!
Ina: Woran arbeitet ihr im Moment?
D.L.: Raumbearbeitung, reflektieren, spiegeln und Perspektiven schaffen, Illusionen, das ist immer noch Thema, ein Schwerpunkt. Wir arbeiten jetzt an einer eigenen Tonschiene und wollen, daß die kommende Veranstaltung über eine Tanzveranstaltung hinausgeht, andere Räume, anderes Publikum. Ich weiß nicht, ob das sehr musikalisch wird, das ist nicht unbedingt das Ziel. Unser nächstes Projekt ist ein Rückwandprojektionsraum, quadratische Grundfläche, drei Seitenwände und das Dach - alles Opera/Rückprojektionsleinwand und von jeder Seite mit einem Projektorenpaar Animatix drauf. An jeder Ecke ne Box und Töne, die zu den Bildern gehören. Das ist eine Art 'analoger Cyberspace', totale Vereinnahmung - wie bei einer Brille, du hast alle Wände (außer dem Boden) aus bewegten Bildern bestehend.


copyright by neid, den künstlern und autoren